Desert Dash - ein Rennbericht von Ralf Bär

DesertDash 2021 Namibia - 393 km/24 h Nonstop, durch die älteste Wüste der Welt mit dem MTB - von Windhoek nach Swakopmund

Das Rennen habe ich schon lange im Kopf. Als mir Alois Stöcklin zu seiner Lebzeit von seiner Teilnahme berichtete, war ich wirklich begeistert von dieser Veranstaltung. Er startete damals mit Hubert Schwarz im 2er Team.

2019 fragte mich dann Hubert Schwarz, ob ich Lust hätte das Team zu betreuen, natürlich war ich mit dabei. Es war schon eine tolle, wenn auch anstrengende Zeit in Namibia, ein Rennen über 24 Stunden und über 373 km, das fordert auch die Betreuer sehr.

Für mich war danach klar, das muss ich auch mal angehen. Nachdem nun Covid in der ganzen Welt eingeschlagen ist wie ein Komet, war die Ausgabe 2020 doch mehr als fraglich, doch die Namibier schafften es, die Veranstaltung mit den erforderlichen Auflagen durchzuführen.

2021 wollte ich hier an den Start gehen. Meine Familie hat mir das "Go" gegeben und so habe ich mit Hubert gesprochen und meine Anmeldung war fix. Das Team um Hubert Schwarz umfasste ca. 25 Leute, inclusive Fahrer und Helfer, also eine richtig starke Truppe sollte dort an den Start gehen.

Die Vorbereitung für das Rennen lief über das ganz Jahr, längere Ausfahrten, Gewöhnung an das MTB und auch das Mentale war für mich wichtig. Aber die Pandemieentwicklung in der Welt ist natürlich schwierig und das es hier Schwierigkeiten geben könnte, war mir natürlich klar. Aber nachdem die Veranstaltung auch 2020 durchgeführt wurde, dachte ich das wird schon klappen.

Nun, etwa eine gute Woche vor Abflug, dann die Hiobsbotschaft, eine neue Virusvariante ist im Umlauf, festgestellt in Südafrika. Und die Panik in Deutschland nahm seinen Lauf, Einstufung von vieler südafrikanischen Staaten als Virusvariantengebiet, inklusive Namibia war die Folge. Eines war sicher, 14 Tage Quarantäne nach der Rückreise und ein eventueller Flugstop stand im Raum. Ein Grund für die meisten aus dem Team, die Reise abzusagen, ein Desaster.

Ich hatte meinen Start abgeblasen, zu viel Ungewissheit, mein Start sollte 2022 nachgeholt werden. Mein 2. Rad war bereits gepackt für eine Wintertour über ca. 500 km und sollte am Mittwoch starten.

Doch alles kam anders. Am Freitag vor dem Abflug habe ich mich, nach Rücksprache mit meiner Familie und Freunden, dann doch für einen Start entschieden. No Risk no fun. Am Ende haben sich doch noch 5 Racer dazu entschieden, das Rennen und die Reise anzutreten.

Also flog ich am 5.12. von Frankfurt nach Namibia. Die ersten 4 Tage konnte ich mich an das Klima und die Höhe (Windhoek liegt auf 1.700 Meter) gewöhnen. Die Hitze und die trockene Luft sind nicht ohne. Bei Temperaturen von 30 Grad Plus, konnte ich mich schön einrollen.

Eine Neuerung gab es 2021, statt der bisher 373 km, standen nun 393 km und ca. 3.600 Höhenmeter auf dem Programm. Dies vor allem und die Teilnehmer etwas mehr zu verteilen, auch das Startprozedere wurde geändert, damit nicht so viele Leute zusammen starten.

Am Freitag, 10.12. ging es los, um 14:30 Uhr war der Start der Solofahrer, gefolgt von den 2er Teams um 15 Uhr und den 4er Teams um 15:30 Uhr. Die ersten 10 km noch auf Asphalt, ging es dann auf die namibischen Schotterpisten, die es in sich haben. Viel Sand, Staub und Steine und vor allem die Wellblechpisten sind extrem herausfordernd. Ich war froh, das ich mich für ein Fully entschieden habe. 24 Stunden war das Zeitlimit, so lange wolle ich nicht auf dem Rad sitzen. Gleich von Anfang an ging es so richtig zur Sache. Um die Radprofis wie Konny Losser (6-facher Gewinner), ging es in die erste Steigung. Die ersten 30 km bergauf, hier galt es eine gute Gruppe zu finden, denn der Gegenwind war, wie ich bald zu spüren bekam, ziemlich stark und die 30-35 Grad verlangten einem alles ab. Trinken, trinken, trinken, das war das Wichtigste.

Der Plan mich mit Riegeln und Gels zu ernähren, ging nicht ganz auf. Die Riegel hatten bald ausgesorgt, ich bin dann auf die Gels umgestiegen. Alle 30-50 km gab es Waterpoints. Hier konnte man sich auch mit verschiedenen Sachen verpflegen, angefangen von Melonen, Äpfeln, Kartoffeln, Trockenfleisch (Biltong), Cola, Wasser etc., dazwischen noch die Checkpoints, hier wurden die Zwischenzeiten genommen.

Man muss sich wirklich zwingen zu essen, damit man die etwa 14.000 Kalorien aufnehmen kann. Hier geht auch viel über die Getränke rein. Erstaunlich, wie viel man trinken kann. Ich denke, im Gesamten habe ich über 10 Liter getrunken. Der gefürchtete Hungerast blieb zum Glück aus.

Ich hatte immer wieder gute Gruppen erwischt, das machte die Fahrt im Gegenwind dann doch etwas einfacher. Gegen 19:30 Uhr brach dann die Dunkelheit ein. Also Licht an und weiter gehts. Nachts lies der Gegenwind dann nach, die Temperaturen fielen und das Atmen wurde einfacher. Es kann in der Wüste vorkommen, das die Temperaturen bis auf 10 Grad sinken, bei uns waren es etwa 17-20 Grad, eine Jacke oder Weste war nicht nötig. Nachts war ich dann oft alleine unterwegs, kein Problem, für mich war dies gut, ich konnte mich komplett auf mich konzentrieren, und die Gedanken konnten schweifen.

Das ständige Auf und Ab, zermürbt einen. Auch die vielen Fahrzeuge auf der Strecke, die den Sand aufwirbeln, sind sehr unangenehm, die Sicht und das Atmen wird schwierig. Immer wieder kleine Abfahrten und dann die Gegensteigungen an denen man steht wie ein Eimer. Aber was solls, ich bin ja freiwillig hier. Ich hatte mir schon vorher meine Gedanken gemacht, wie ich mich motivieren kann, wenn es mal nicht so läuft. Die größte Angst waren Knie- oder Rückenschmerzen. Beides trat nicht ein. Auch ein Defekt blieb aus. Aber auch hierfür war ich vorbereitet: Dichtmittel, zwei Schläuche, Plugs für die Tubelessreifen, Ersatzschaltauge, etc. Ich sollte also vorbereitet sein.

Nach 174 km trafen wir auf unsere zwei Betreuer am Halfwaypoint. Mitten in der Wüste eine hell erleuchtete Oase, viele Menschen, Musik und wieder die Möglichkeit seine Speicher aufzufüllen. Ich bin noch gut drauf, nur die Hände schmerzen von den Schlägen. Nur noch 219 km, sollte mich das motivieren? Na ja, ich habe es wohl ausgeblendet.

Das ständige Auf und Ab und die vielen sandigen Passagen, die oft nicht mehr wirklich fahrbar waren, brachten einen doch oft an die Grenzen. Der ein oder andere Fluch ging gen Himmel, aber es musste ja weiter gehen.

Gegen 6 Uhr wurde es endlich wieder Hell, die Sonne stieg auf, und es wurde wieder wärmer. Ich erreichte den letzten Checkpoint, die Oase Goanikontes. Ein Kaffee und ein Brötchen musste ich jetzt haben. Es ging auf die letzten 50 km, etwas 2:20 Stunden lagen noch vor mir. Eine atemberaubende Wüstenlandschaft lag vor mir, hier wurde auch der Film Mad Max gedreht. Wie Mel Gibson kam ich mir nicht vor, eher wie der Marsianer - die Landschaft erinnert auch an die Marsoberfläche.

Die letzten Kilometer verstrichen und ich kam dem Ziel immer näher, die Freude stieg. Als ich die ersten Häuser von Swakopmund sah, wusste ich, ich habe es gleich geschafft. Die letzten Kreisel und das Ziel lag vor mir, ein paar Meter am Strand, und da war Ziel „Platz am Meer“. Unsere Betreuer warteten schon im Ziel. Leider habe es nur 2 von unseren Racern geschafft, Defekt und Schmerzen waren die Ausfallgründe.

Ja ich hatte es geschafft. 393 km, 19:45 Stunden. Am Ende ein 4. Platz in der Altersklasse und Platz 26 der Solofahrer. Von über 250 Solostartern, kamen nur noch etwa 108 ins Ziel. Die Strecke war wirklich der Hammer. Ich musste mir doch die ein oder andere Träne verdrücken. Ob ich es nochmal machen würde? "Nein…" war meine Anwort nach dem Rennen, und ein paar Tage später? "Ich könnte es mir vorstellen."

Wie heißt es so schön, „Der Stolz bleibt, der Schmerz geht“.

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